Gemeinsam einen moderaten Weg finden

BGH-Urteil zum Sortenschutz – Konsequenzen für die Praxis

Im November 2023 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein Urteil zum Sortenschutz gefällt, das die landwirtschaftliche Praxis noch beschäftigen wird. Das Urteil besagt, dass der Handel den Nachweis führen muss, dass landwirtschaftliche Produkte aus zertifiziertem Z-Saatgut oder aus lizenziertem Nachbau erzeugt wurden. Das Gericht macht keine Aussagen dazu, in welcher Form das zu geschehen hat. Im Folgenden die Sichtweise des Vorsitzenden des Saatbauverbandes West, Dr. Gerhard Schilling.

Dr. Gerhard Schilling.

Foto: sbv

Dieses Urteil wurde bisher von der landwirtschaftlichen Praxis weitgehend noch nicht wirklich zur Kenntnis genommen, obwohl es für die nächste Ernte relevant ist. Die Vorstellungen darüber, wie man mit dem Urteilsspruch umgehen will, sind erwartbar sehr unterschiedlich. Während der Handel nach praktikablen rechtssicheren Lösungen sucht und diese in Teilen glaubt, auch gefunden zu haben, haben Sortenschutzinhaber (Züchter) und die Saatgutverkehrskontrolle (STV) andere Vorstellungen.

Hier diskutiert man über eine Datenbank, bei welcher der Landwirt seine Z-Saatgutbelege, seinen Nachweis über lizenzierten Nachbau und seinen Flächennachweis aus dem Agrarantrag vorlegen soll, um danach ein Zertifikat zu erhalten, das ihn berechtigt, seinen Aufwuchs von seinen Flächen zu vermarkten und dem Handel zu signalisieren, dass dieser nach Sortenschutz legal erzeugtes Erntegut aufnimmt.

Deutschland macht es kompliziert

Sortenschutz ist berechtigt und der Grundstein für eine innovative und leistungsfähige Züchtung. Sortenschutz gibt es auch in anderen europäischen Ländern. Nur scheint es in Deutschland, in einem Land, in dem offenbar nichts einfach geht, schwierig zu sein, einfache Modelle wie beispielsweise in Frankreich zu etablieren. Schon die Einführung der Nachbauregelung war in Deutschland mit einem Hauen und Stechen verbunden und führte in der Folge zu vielen emotionalen und gerichtlichen Auseinandersetzungen, die das Klima in der Saatgutbranche stark belastet haben. Diese Gefahr besteht jetzt erneut.

Bürokratie belastet Landwirte und Züchter

80 Prozent der deutschen Landwirte verhalten sich korrekt und setzen Z-Saatgut oder lizenzierten Nachbau ein. Vor diesem Hintergrund die ehrlichen Landwirte, deren Arbeit man ja eigentlich entbürokratisieren möchte, erneut mit einem Formalismus zu belasten, dessen Funktionalität noch nicht einmal getestet wurde, ist für die Saatgutproduktion, die Saatgutbranche und den Saatgutabsatz kontraproduktiv. Da helfen alle eiligst formulierten Presseerklärungen nichts.

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Brechstange kein probates Mittel beim Sortenschutz ist, und die Zukunft wird zeigen, dass dies weiterhin so ist. Insofern bleibt nur die Hoffnung, dass man gemeinsam einen moderaten Weg findet.

 – LW 18/2024